Im letzten Newsletter haben wir so einiges über den Sinn und Zweck von Fettabscheidern gelernt. Diesmal soll es darum gehen, wie die neue Behandlungsanlage von Fischer + Hohner aus den Abscheiderinhalten einen echten Wertstoff erzeugt.
Die neue Anlage hat, einfach gesagt, die Aufgabe das tatsächliche Energiepotential aus den wässrigen und pastösen Fettabscheiderinhalten aufzukonzentrieren, indem die Störstoffe beseitigt und die enthaltenen Fette über die Beimischung von Polymeren, anschließende Schwerkraftfällung und Absiebung abgetrennt werden.
Während im Fettabscheider allein aufgrund der grundsätzlichen Unverträglichkeit zwischen Wasser und Fett eine erste Abtrennung funktioniert, muss für eine weitere Aufreinigung schon raffinierter herangegangen werden. Nach einer mechanischen Zerkleinerung fester Bestandteile werden chemische Zusätze, so genannte Polymere zugegeben, die an die Fettpartikel binden. Die entstehenden Flocken setzen sich an der Oberfläche ab und die übrige, wässrige Phase kann darunter abgezogen werden. Mit diesem Vorgehen lassen sich vom Eingangsmaterial knapp 30 % Fettkonzentrat abspalten. Das klingt jetzt erstmal ziemlich simpel, der Teufel steckt aber wie so oft im Detail. Eine solche Abfallbehandlungsanlage ist wegen des gewöhnungsbedürftigen und intensiven Geruchserlebnisses für die Nachbarschaft erstmal kein Grund zum Jubeln. Um hierfür eine Genehmigung zu bekommen sind deshalb sehr strenge technische Anforderungen einzuhalten. Die gesamte Anlage inklusive des Annahmebereichs musste eingehaust und die Luftströmung so geführt werden, dass jedweder Geruch durch eine aufwändige Filteranlage entfernt werden kann. Auch der Betreiber des Kanalnetzes war erstmal skeptisch, was die Verträglichkeit der Abwässer angeht. Als aufsichtsbehördliche Auflage wurde so eine zusätzliche Behandlungsstufe zur pH-Neutralisation des Abwassers nachgerüstet.
Der maximale Anlagendurchsatz wird zudem noch durch eine maximale Einleitmenge im ersten Betriebsjahr von 6.000 cbm, also 6 Millionen Liter Abwasser limitiert. Diese soll zukünftig auf 9.000 cbm erhöht werden, wodurch die Anlage die genehmigte Annahmemenge von 14.000 t verarbeiten könnte.
So viel zu den Rahmenbedingungen. Die nächste Herausforderung besteht darin, wie ein ganzjähriger, störungsfreier Betrieb gewährleistet werden kann. Wir erinnern uns, dass der Fettabscheider das Kanalsystem vor einem Rohrinfarkt durch Ablagerungen und Verkrustungen schützen soll. Dieses Risiko besteht nun auch in der Anlage und wird durch die Konzentration der fettigen Anteile noch weiter erhöht. Was im Hochsommer bei über 30 ° C noch einigermaßen flüssig und pumpfähig ist, wird im Winter schnell zum zähen Klumpen. Um die Technik unter diesen Bedingungen immer noch zuverlässig betreiben zu können, braucht es schon einiges an Ingenieurskunst bei der Konzeption und ebenso viel Fingerspitzengefühl beim Anlagenführer. Da der erste Winter ohne besondere Zwischenfälle gemeistert wurde, haben die Beteiligten offensichtlich alles richtig gemacht.
Am Ende hat sich die Mühe in jedem Fall gelohnt, da das Konzentrat aus der neuen Anlage etwas schafft, was in der Abfallbranche als höchstes Ziel gehandelt wird: Man ging vormals von einem Gemisch aus, für dessen Abgabe man bezahlen musste und schafft nun etwas, das einen positiven Marktwert hat. Nun befindet man sich auf dem besten Weg vom Abfall zum Produkt, was die kommunale Kläranlage nicht mehr wie früher gegen Bezahlung „annimmt“, sondern sogar bevorzugt bzw. gegen gutes Entgelt vergütet. Damit kann nun Wärme und Strom erzeugt werden, was dem Betrieb der Kläranlage selbst dient und bei Überschuss in das Netz eingespeist werden kann. Eine weitere Möglichkeit könnte die Aufbereitung zum neuen, nachhaltigen HVO100-Diesel sein, der aktuell meist aus hochwertigeren Abfällen wie Altspeisefetten hergestellt wird. Ein noch ehrgeizigeres Ziel ist auch schon ausgemacht, nämlich die Aufarbeitung zu Bio-Kerosin (sog. aviation fuels) und damit ein Meilenstein auf dem Weg zum klimaneutralen Fliegen.
Verfasser: Dr. Christoph Stöckle (Ressourcenstrategien)