Vor etwa einem Jahr war der Liter Diesel mancherorts für 99 Cent zu haben. Jetzt können wir froh sein, wenn wir weniger als das Doppelte bezahlen müssen. Dass es eine Energiewende geben muss, war klar, aber so plötzlich? Aber wie kann so etwas gehen? Nicht-fossil soll es sein, am besten regenerativ und wenn es geht auch klimaneutral. Neben den Klassikern Wind, Sonne, Wasserkraft und Erdwärme könnte hierbei auch unser Abfall einen beträchtlichen Beitrag leisten. Der ist zwar nicht klimaneutral, wird aber ständig nachproduziert, ist also irgendwie regenerativ.
Dabei gibt es sogar drei Verfahren, wie man Energie aus Abfall oder auf neudeutsch „Waste to Power“ erzeugen kann, die thermische Verwertung, Biogas und das chemische Recycling. Die energetische Verwertung ist schon seit vielen Jahren Stand der Technik und erfolgt meist in Abfallheizkraftwerken wie der AVA in Augsburg. Hier werden Strom und Wärme aus der Verbrennung von Abfällen gezogen und in die Energieversorgungsnetze eingespeist. In Summe sind das pro Jahr Strom für 13.000 und Wärme für 30.000 Haushalte. Die AVA verbrennt hauptsächlich Siedlungsabfälle privater oder gewerblicher Herkunft, andere Abfallheizkraftwerke verwerten Klärschlamm, Sonderabfälle oder so genannte Ersatzbrennstoffe (EBS). Letztere werden meist aus Kunststoff- und Holzabfällen hergestellt und sind daneben auch in Zementwerken, wie bei der Fa. Märker in Harburg oder in Industriekraftwerken wie bei der MVV in Gersthofen sehr beliebt.
Laut einer Studie der Interessengemeinschaft der Thermischen Abfallbehandlungsanlagen (ITAD) könnte über diese Wege rund ein Drittel der Bevölkerung mit Wärme versorgt werden. Umgerechnet in Gas wäre das ein Ersatz für 14 % der russischen Importe.
Übrigens müssen wir nicht völlig weg vom Gas, es gibt nämlich auch vergleichbare Brenngase aus Biogasanlagen. Diese verarbeiten neben nachwachsenden Rohstoffen auch Bioabfälle und Speisereste. Laut dem europäischen Biogasverband könnten so in Europa bis 2030 ca. 35 Milliarden Kubikmeter »grünes Gas« produziert werden, was bereits zwei Drittel (der Kapazität) der Nord Stream 2 wären. Bis 2050 könnte Biogas sogar 30 bis 50 Prozent des Gasbedarfs der EU decken.
Die dritte Option, das chemische Recycling, verarbeitet Kunststoffgemische, die aufgrund ihrer geringen Qualität kein stoffliches Recycling mehr zulassen. Im Gegensatz zur direkten Verbrennung der Kunststoffe werden hier über chemische Verfahren Gase und Öle hergestellt, die durchaus mit Erdöl und Erdgas vergleichbar sind. Diese Technik steht kurz vor der Anwendungsreife und würde aufgrund ihrer Wertschöpfung zudem einen Lösungsansatz für die globale Vermüllung der Umwelt mit Kunststoffen bieten.
Wie man sieht, steckt in dem, was wir wegwerfen durchaus das Potential für einen nennenswerten Beitrag zur Energiewende. Bei alledem dürfen wir aber nicht vergessen, dass die im Abfall enthaltene Energie vorher in die zugehörigen Produkte hineingepackt wurde. Das heißt im Umkehrschluss, dass eine Abfallvermeidung am Ende stets mehr Energie einspart als die energetische Verwertung der Abfälle je erzeugen kann.