Fast Fashion mit geringer Qualität
Das Thema Textilabfälle und warum deren Recycling eine kniffelige Aufgabe ist, lesen wir heute nicht zum ersten Mal im Newsletter. Zur Erinnerung: Unter dem Modewort „Fast Fashion“ werden zwar riesige Mengen an die Kleidung gekauft und am Ende auch entsorgt, deren Qualität ist aber oft so gering, dass sie nicht einmal mehr zum Putzlumpen taugt.
Verpflichtende Getrenntsammlung von Alttextilien
Nun gab es zum Jahreswechsel eine grundlegende Änderung bei der Sammlung von Textilabfällen, wonach diese seit dem 01.01.2025 nicht mehr über den Restmüll entsorgt werden dürfen. Ursache ist eine Gesetzesänderung seitens der EU, wodurch zum genannten Stichtag europaweit die sogenannte verpflichtende Getrenntsammlung von Alttextilien gilt. Die Gesetzesänderung soll das Textilrecycling in der EU fördern. Bisher wurden nämlich nur 22 Prozent der Alttextilien in der EU in speziellen Sammelsystemen entsorgt. Ein edles Vorhaben, aber passt das noch mit der Realität zusammen? Ja und Nein.
Sonderweg Deutschland dank hoher Sammelquote
Die Deutschen sind mit einer weit höheren Sammelquote irgendwo zwischen 50 und 65 % nicht mit dem EU-Durchschnitt zu vergleichen. Deshalb geht Deutschland jetzt auch eine Art Sonderweg, wodurch an sich alles beim Alten bleibt. Brauchbare Kleidung gehört wie bisher in die Altkleidersammlung oder in Altkleidercontainer, stark verschmutzte, verdreckte oder unbrauchbare Kleidungsstücke sollten auch weiterhin in den Restmüll gegeben werden. Würde man diese zusätzlich in der Altkleidersammlung erfassen, würde dies die Qualität der Ware weiter reduzieren. Also erstmal aufatmen, es gibt hierzulande keinerlei Grund für Aktionismus. In anderen Ländern muss sich im Gegensatz dazu sicherlich einiges ändern.
Deutschland zweitgrößter Exporteur von Alttextilien
Aber warum hat das Thema denn überhaupt einen so hohen Stellenwert? Im Jahr 2023 wurden rund 175.000 t Alttextilien von privaten Haushalten erfasst. Von allen gesammelten Textilabfällen, also auch jene, die nicht aus privaten Haushalten stammen, werden mindestens 50 % der Sammelmenge aus Deutschland exportiert und hauptsächlich in Europa vorsortiert. Deutschland ist nach den USA nämlich der zweitgrößte Exporteur von Alttextilien. Wo diese am Ende hingehen, ist eher eine Aufgabe für ein Detektivbüro, da vieles davon über eine oder sogar mehrere Zwischenstationen läuft. Je nach Zielland ist am Ende eine Deponierung oder auch Verbrennung leider nicht auszuschließen, eine echte Kreislaufwirtschaft ist das dann sicherlich nicht.
Recyclet zu Putzlappen, Malervlies, Fasern und Ersatzbrennstoffe
Nur rund 10 % der gesammelten Alttextilien werden in der EU wiederverwendet. In Deutschland können sogar nur 1-2 % der für die Wiederverwendung aussortierten Alttextilien über den Second-Hand-Markt verkauft werden. Und der Rest? Der wird je nach Marktlage und Zusammensetzung in kleinere Teile zerlegt. So werden die Textilien z.B. von Knöpfen und Reißverschlüssen befreit und zu Putzlappen und Poliertüchern für verschiedene Anwendungen zugeschnitten. Ein weiterer Weg geht über spezielle Reißbetriebe, wo das Material zerfasert wird. Aus diesen Recyclingfasern entstehen neue, meist minderwertige Garne oder Vliese, die man z.B. zu Malervlies oder auch als Dämmmaterialien in Sitzpolstern oder für die Bauindustrie verarbeitet. In geringerem Umfang werden aus recycelten Fasern auch neue, hochwertige Textilien hergestellt, wobei hier der Anteil von Rezyklaten bisher noch sehr gering ist. Weitere Alternativen sind die Herstellung von Ersatzbrennstoffen oder das chemische Recycling.
Echte Kreislaufwirtschaft: Transformation in hochwertige Unikate
Wirklich befriedigend ist die Bilanz ja nicht, aber ein kleines Beispiel für echte Kreislaufwirtschaft findet sich nach längerer Recherche am Ende doch noch: Der französische Designer Amah Ayivi sucht im afrikanischen Togo nach weggeworfenen Textilien und transformiert diese anschließend in hochwertige Unikate. Diese verkauft er dann in seinem eigenen Shop in der Mode-Metropole Paris. Er sucht gezielt nach vintage Kleidung, die zwischen 30 und 50 Jahren alt ist, am besten mehrfach geflickt wurde. Vielleicht haben sie ja auch noch etwas vergleichbares in Ihrem Fundus?
Verfasser: Dr. Christoph Stöckle
#umweltintelligenzleben – macht mit!
