Alles, was wir kaufen ist in irgendeiner Form verpackt. Und da wir immer mehr konsumieren, gibt es auch immer mehr Verpackungen. Wen wundert es, dass die Verpackungsabfälle irgendwann zum Problem wurden. Aber der Recyclingweltmeister Deutschland fand als Erster eine Lösung: das Duale System. Demnach soll derjenige, der eine Verpackung in den Verkehr bringt auch die Kosten und die Verantwortung für die Entsorgung tragen. Seitdem hat sich viel getan und es wurde vor allem eins: komplizierter. Aktive Verpackungen regulieren die Feuchtigkeit in einer Lebensmittelverpackung oder hemmen das Wachstum von Keimen und intelligente Systeme kontrollieren den Zustand verpackter Lebensmittel und liefern Informationen über deren Frische. Recycling hingegen ist für die Hersteller eher zweitrangig. Auf der Seite der Abfallwirtschaft entstand ein hochkomplexes Rücknahmesystem, um eine flächendeckende Entsorgung von Verpackungsabfällen aus privaten Haushalten über den gelben Sack oder die gelbe Tonne zu gewährleisten. Deren Finanzierung läuft über eine Registrierung der Inverkehrbringer von sog. systembeteiligungspflichtigen Verpackungen, wobei System hier das duale System meint.
Alles super, sollte man meinen? Zieht man heute, 30 Jahre nach den Anfängen Bilanz, ergibt sich ein eher nüchternes Bild: Das Duale System organisiert vor allem die Finanzierung, nicht aber das Recycling. Findige Inverkehrbringer von Verpackungen registrieren sich nicht und prellen damit das duale System um ihren Beitrag. Besonders negativ fallen die Berge an Einwegverpackungen für Speisen und Getränke auf. Hierfür wird gerne der Kaffee to-go Becher als Stellvertreter genannt, der aber nur die Spitze vom Eisberg darstellt. Hier gab es in den vergangenen Jahren schon vielversprechende Ansätze, Mehrwegalternativen in den Handel zu bringen, aber durch die Pandemie wurde aus Gründen der Hygiene massiv auf Einweg statt Mehrweg gesetzt.
Infolgedessen wachsen die Verpackungsabfallberge und zu allem Überfluss finden sich immer mehr Verpackungen, die in keinem Recyclingverfahren sinnvoll verwertet werden können. So landen zunehmend wertvolle Rohstoffe in der Verbrennung. Die noch schlechtere Alternative ist das neudeutsch als „littering“ bezeichnete ungeordnete Ausbringen in die Umwelt, deren Ergebnis sich an vielbefahrenen Straßen bewundern lässt.
In Zukunft soll aber nun endlich alles besser werden: Durch eine umfassende Registrierungspflicht für die Inverkehrbringer von Verpackungen sollen die Zechpreller entlarvt werden und ab 2025 müssen nahezu alle Inverkehrbringer von Einwegkunststoffverpackungen für Speisen und Getränke eine absolut gleichwertige Mehrwegalternative anbieten. Ausgenommen sind nur die kleinen Läden, die aber dafür mitgebrachte Behälter der Kunden akzeptieren müssen. Es ist also Land in Sicht. Dann liegt der Ball wie so oft bei den Entsorgern, die sich den Kopf über sinnvolle und wirtschaftliche Recyclingwege der stetig wachsenden Abfallströme machen sollen. Bleibt zu hoffen, dass die Politik auch hier Raum für Innovationen und tragfähige Geschäftsmodelle konstruiert, sonst bleibt es vielleicht am Ende wieder ganz traditionell bei der thermischen statt der stofflichen Verwertung.